Die neuen Ermittlerinnen

Einige Schriftstellerinnen und Schriftsteller durften schon eine kleine Kostprobe meines neuen Mystery-Krimis lesen. Dunkler Humor ist natürlich auch dieses Mal wesentliches Stilmerkmal. Ohne gehts bei mir irgendwie nicht und das nehme ich sehr ernst.

Der Plot steht und mit dem Schreiben geht es auch voran. Ein gutes Zeichen. Wenn ich Spaß beim Schreiben habe, wird vermutlich auch das Lesen Spaß machen.

Spaß machen mir vor allem die Ermittlerinnen Lena und Anne. Ich hoffe, die beiden kommen bei Leserinnen und Lesern genauso gut an, wie Angel in VOLLTOD. Bei meinen Autorenkolleginnen und -kollegen war das schon mal der Fall. Und das ist ein sehr gutes Zeichen. Jetzt seid ihr dran.

Die beiden nachfolgenden kurzen Abschnitte aus dem ersten Kapitel stellen Lena und Anne vor. Allerdings sollten daraus keine vorschnellen Schlüsse gezogen werden. Beide haben es faustdick hinter den Ohren.

Leseprobe

LENA KALTEN

Mehr liegend als sitzend lümmelte sich Lena Kalten in ihrem vergammelten Drehsessel. Die Füße auf dem Schreibtisch und die Hände hinter dem Kopf gefaltet, balancierte sie gekonnt auf nur zwei Rollen. Ständig knapp am Kipppunkt. Wie immer, wenn sie intensiv nachdachte, trieb sie es bis zum Äußersten. Das förderte ihre Konzentration immens. Bis ein energisches Klopfen sie aus ihren Gedanken riss. Und aus dem Gleichgewicht. Einen Wimpernschlag später schlug sie mitsamt Stuhl auf den Boden.

Die Tür flog auf und prallte gegen einen Aktenschrank.

»Kalten?« Die Stimme von Kriminalrat Üppler donnerte in das kleine Büro. Die Hände in den breiten Hüften schaute er sich suchend um. »Wo steckt die schon wieder?«

»Wer?«

Üppler wirbelte herum.

»Wer wohl? Die Kalten natürlich.«

»Keine Ahnung, Chef. Eben war sie noch da.« Anne Hagen hielt eine Papiertüte in die Höhe. »Ich war nur rasch beim Bäcker.«

Kriminalrat Üppler wies mit großer Geste zu Lenas verwaistem Schreibtisch.

»Die soll sich bei mir melden, wenn sie wieder auftaucht. Auf der Stelle.«

Er schob Anne beiseite und nahm Kurs auf die Tür. Dann blieb er noch einmal stehen und nahm Lenas Assistentin ins Visier.

»Was essen Sie da?«

»Nussschnecke. Sehr lecker. Möchten Sie eine?«

Anne sah, dass Üppler wankte. Sie gab ihm den entscheidenden Stoß.

»Na los, Chef. Damit wenigstens Ihr Magen arbeitet.«

Er nickte finster und fischte ein Teilchen aus der Tüte. Kauend verließ er das Büro.

Anne sah ihm nach. Erst als sich die Tür hinter dem Vorgesetzten geschlossen hatte, wandte sie sich zu ihrem Arbeitsplatz. Mit einem spitzen Schrei warf sie die Arme so heftig in die Höhe, dass die Tüte zerriss. Zwei Plunderteilchen segelten über die Kommissarin hinweg. Wie ein Zombie erhob sich Lena reichlich derangiert hinter ihrem Schreibtisch; das Haar so wirr wie der Blick.

»Scheiße ...« Anne rang nach Luft. »... hast du mich erschreckt. Wo kommst du denn auf einmal her?«

Lena richtete Frisur und Kleidung.

»Was wollte Üppler?«

»Keine Ahnung. Er klang aber angepisst. Hast du dich vor ihm unter dem Schreibtisch versteckt?«

Lena schüttelte den Kopf. Sie machte ein paar Dehnübungen gegen die Rückenschmerzen. Ihr Blick suchte die beiden Plunderteilchen am Boden.

»Sind das meine?«

Anne sammelte die Übrigen auf und prüfte sie gewissenhaft, bevor sie nickte.

»Eins musste ich Üppler überlassen. Vielleicht beruhigt es ihn ein wenig. Du sollst dich bei ihm melden.«

»Der kann mich mal.«

Lena hob erst ihren Stuhl, dann die Teilchen vom Boden auf. Sie nahm wieder Platz, pustete Staub von ihrem Gebäck und biss hinein.

»Klang aber dringend«, sagte Anne.

Lena schlang einen Bissen herunter.

»So klingt Üppler immer. Was kriegst du von mir?«

»Ungefähr hundert Euro.«

Lena hob eine Augenbraue.

»Für zwei Teilchen?«

»Ach so. Ich dachte, du meintest alles. Die Teilchen haben fünf Euro gekostet. Sieben, mit dem für Üppler.«

»Das bezahlst du schön selbst. Mein Geld bekommst du nachher.«

Lena war schon im Begriff wieder einen Fuß zu heben, sah dann aber doch davon ab. Stattdessen drehte sie sich zum Tisch und stützte ihre Ellbogen auf die Platte. Nachdenklich knabberte sie an ihrem Gebäck.

»Das gefällt mir nicht.«

»Ich hab’ noch eins mit Nugatcreme«, sagte Anne.

Lena deutete mit ihrem angebissenen Hefeteilchen zur Tür.

»Was will der Arsch von mir? Haben wir Mist gebaut?«

»Nicht mehr als sonst. Ruf ihn doch an.«

Lena tippte sich an die Schläfe.

Schon klingelte ihr Telefon. Sie nahm ab und bereute es, kaum, dass sie Üpplers Stimme erkannte. Sogar Anne konnte den Kriminalrat hören, weil Lena den Hörer ein Stück vom Ohr hielt. Üppler brüllte so laut, dass man kaum ein Wort verstand.

Lena verzog das Gesicht. Die Lippen formten einen stummen Fluch, bevor ihre Stimme barsch wurde.

»Oberkommissarin, bitte, Herr Kriminalrat … Natürlich bin ich im Büro … Ich war nur kurz weg … Wie? Sofort?«

Lena legte auf und zeigte ihrem Telefon den Mittelfinger.

»Ärger?«, fragte Anne.

Lena winkte ab.

»Irgendein Auftrag. Ein Scheißauftrag, vermutlich.«

Anne verschluckte sich fast.

»Ein Fall? Für uns?«

»Freu dich nicht zu früh. Wie ich Üppler kenne, ist das kein Fall, sondern eine Falle. Der will mich absägen, der Arsch.«

Sie erhob sich und rieb Krümel von Händen und Jeans.

ANNE HAGEN

Rita Zimmermann stand mit ihrer Sporttasche bereits neben Annes Golf auf dem Parkplatz des Polizeipräsidiums. Ihrem Gesicht nach, wartete sie schon länger.

»Na, endlich«, sagte sie. »Hat die Alte dich wieder nachsitzen lassen?«

»Erstens ist Lena nicht alt und zweitens haben wir einen verdammt komplizierten Fall.«

Anne entriegelte die Türen, damit Rita einsteigen konnte.

»Das einzig Komplizierte in eurer Abteilung ist die Kalten«, sagte Rita. »Wie du überhaupt mit ihr arbeiten kannst, verstehe ich beim besten Willen nicht.«

»Ich habe gute Gründe.«

»Sag mir einen.«

»Lena hat’s drauf. Immerhin war sie schon mal Hauptkommissarin.«

»Hast du dich schon mal gefragt, warum sie es nicht mehr ist?«

»Sie lässt sich eben nichts gefallen. Genau wie ich.«

Rita drehte sich in ihrem Sitz zur Fahrerin.

»Die Kalten hat ne Macke, Anne. Und was für eine. Da kannst du fragen, wen du willst. Üppler schwört Stein und Bein, dass er ihren Hintern beim Tanzen nur mit der Hand gestreift hat. Aus Versehen. Angezeigt hat sie ihn trotzdem. Wegen sexueller Belästigung. Die spinnt doch total.«

»Was blieb ihr denn anderes übrig?«, sagte Anne. »Üppler hat sie schließlich auch angezeigt. Wegen Angriff auf einen Vorgesetzten.«

»Sie hat Üppler eine Kopfnuss gegeben.«

»Blödsinn. Das sah nur so aus. Sie hat sich zu ihm herunterbeugen wollen. Dabei hat sie das Gleichgewicht verloren. Sagt sie selbst.«

»Als ob die sich daran erinnern könnte. Die war doch hackedicht. Ich glaub ihr jedenfalls kein Wort.«

»Du bist genau, wie alle anderen. Um ein Haar hätte Lena ihren Job verloren. Üppler vielleicht auch. Aber so konnten beide ihre Anzeigen zurückziehen und Lena wurde nur zurückgestuft. So war das nämlich.«

»Ne Meise hat sie trotzdem. Wieso habt ihr überhaupt einen Fall? Ihr bereitet doch nur alte Akten für die Digitalisierung vor.«

»Das muss auch gemacht werden, Rita. Aktuell unterstützen wir aber das LKA bei einer Vorermittlung.«

»Und wieso muss das die Kalten machen?«

»Das solltest du besser wissen als ich. Du bist schließlich in der Personalabteilung. Bist du doch? Oder?«

»Allerdings. Deshalb kenne ich auch die Akte von der Kalten. Dass die überhaupt noch Polizistin ist, wundert mich. Die baut doch nur Mist. Am laufenden Band.«

»Übertreib mal nicht. Wer hat denn den Taschendieb am Hauptbahnhof kassiert? Hä? Dabei war Lena nicht mal im Dienst. Aber so ist sie eben. Obwohl sie keinen Auftrag hatte, war Lena die ganze Nacht lang in illegalen Spielhöhlen unterwegs. Sie kennt die Szene wie niemand sonst. Und obwohl sie hundemüde war, hat sie sich morgens noch den Gauner geschnappt. Das stand sogar in der Zeitung.«

»Aber nur, weil der arme Teufel immer noch im Krankenhaus liegt. Es ist noch nicht einmal sicher, ob das überhaupt ein Taschendieb war.«

Anne seufzte resigniert.

»Ich kann Lena manchmal echt verstehen. Da reißt man sich den Arsch auf und am Ende lassen sie den Kerl wieder laufen. Wart’s ab. Wirst du schon sehen.«

»Seinen Papieren nach, war er Handelsvertreter für Lederwaren. Deshalb hatte der auch so viele Geldbörsen dabei gehabt.«

»Mann, du bist echt naiv, Rita. Der Typ lebt davon, Leute zu verarschen. Klar? Und alle fallen darauf rein. Aber Lena kann man nichts vormachen. Die hat schon ganz andere hochgehen lassen. Früher jedenfalls.«

»Selbst wenn. Sieh zu, dass du da irgendwie wegkommst, Anne.«

»Und wohin? Ich war doch schon überall. Lena ist ein Glücksfall für mich. Ich für sie übrigens auch. Das sagt Lena immer wieder. Solange meine Eltern mich finanziell unterstützen, bleibe ich auf jeden Fall bei ihr.«

Rita sah Anne von der Seite an. Sie überlegte lange, bis sie etwas sagte.

»Ich verstehe bis heute nicht, wie du überhaupt Polizistin werden konntest.«

»Was soll ich denn sonst machen? Außerdem habe ich die Sportprüfung mit Bestnote bestanden. Das schaffen nicht viele.«

»Und wie bist du dann bei der Kripo gelandet?«

»Keine Ahnung. Musst du meinen Patenonkel fragen.«

»Was hat dein Onkel damit zu tun? Ist der auch bei der Kripo?«

»Nee. Innenministerium. Hohes Tier.«

»Verstehe.«

»Halt bloß die Klappe, Rita. Du kennst die Kollegen. Nachher heißt es wieder, ich hätte meinen Aufstieg nur meinen Beziehungen zu verdanken.«

Rita runzelte die Stirn.

»Welchen Aufstieg?«

»Ich mein’ ja nur. Irgendwann müssen sie mich mal befördern.«

Bevor Rita noch etwas sagen konnte, trat Anne so heftig in die Eisen, dass ihre Beifahrerin in den Gurt geschleudert wurde. Nah am Eingang zum Sportstudio hatte Anne eine Parklücke entdeckt. Die war zwar verdammt klein, aber ehe Rita es sich versah, stand der Golf da drin, als hätte man ihn senkrecht hinein gebeamt. Rita stieg aus und ging zuerst nach vorne und dann zum Heck. Hier wie da waren höchstens zwanzig Zentimeter Platz. Rita fasste sich an den Kopf. Sie war völlig baff.

»Autofahren kannst du jedenfalls«, sagt sie.

»Ha, da solltest du erst mal Lena sehen. Wenn wir mit Blaulicht fahren, gibt’s gar nicht genug Griffe, an denen ich mich festhalten könnte.«

Rita nahm ihre Tasche vom Rücksitz.

»Gib nicht so an. Wann fahrt ihr denn schon mal mit Blaulicht?«

»Öfter, als du denkst. Ne Stunde Mittagspause ist verdammt knapp. So haben wir aber meistens noch Zeit für ein Bierchen. Oder zwei.«

»Die Kalten trinkt Alkohol? Im Dienst?«

»Spinnst du? Natürlich nur in den Pausen. Sie hat schließlich ne Entziehungskur gemacht.« Anne hob den Zeigefinger. »Und Spielschulden sind Ehrenschulden. Da versteht Lena keinen Spaß. Das Bier muss ich meistens bezahlen, aber so lerne ich wenigstens Schießen.«

Rita blieb stehen.

»Du darfst doch gar keine Waffe tragen.«

»Leider. Deshalb gewinnt Lena so oft. Ist ja ihre Knarre. Ich werde aber immer besser. Kannst du mir glauben, Rita. Inzwischen treffe ich die Scheibe sogar dann, wenn Lena mich anrempelt.« Anne drehte sich noch einmal um. »Was ist? Warum stehst du noch so blöd in der Gegend rum? Lass uns rein gehen.«

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Bis der Roman erscheint, dauert es noch ein Weilchen. Überarbeitung und Korrektur brauchen ihre Zeit. Voraussichtlich wird auch der neue Roman im Selfpublishing erscheinen. Wie bei allen Projekten werde ich vor Drucklegung wieder ein Exposé an ausgewählte Agenturen schicken. Man weiß ja nie. Selfpublishing hat seine Vorteile, ist aber enorm zeitaufwändig. Zeit, die ich viel lieber für das Schreiben verwende.

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